Strange Days - Band 1

 

Leseprobe 2

 

»Was zum Teufel ...?!«, rief David und deutete auf den Durchgang.

»Das ist bestimmt Mojo«, sagte Alex nach einer Schrecksekunde. »So sehen diese Übergänge zwischen seiner Welt und unserer aus.«

Doch eine Sache kam ihm merkwürdig vor: War der Durchgang, in dem Mojo verschwunden war, nicht ein ganzes Stück kleiner gewesen? Dieser hier sah beinahe so aus, als wäre er für etwas Größeres bestimmt ...

Ehe er noch lange überlegen konnte, tauchten sie auch schon auf, die Flügel angelegt, die Haifischaugen weit aufgerissen, den Köper stromlinienförmig gestreckt.

»Verdammte Scheiße!«, schrie Alex und sprang auf. Was dort in Davids Wohnzimmer hineingeschossen kam, waren zwei dieser abscheulichen Scherenwesen, Agenten aus Mojos Welt. Sie landeten auf dem Fußboden, sahen sich rasch nach allen Seiten um, stützten sich auf ihre Scherenarme und fauchten David und Alex dann bösartig an.

Aus den Boxen der Stereoanlage dröhnte: »Du. Du hast. Du hast mich.« Alex hörte aber ein »s« mehr heraus, sodass er »du hasst mich« verstand.

Besser könnte man das wohl kaum unterlegen, dachte er angsterfüllt. Der Anblick war genauso ekelerregend wie beim ersten Mal. Die aufgeplatzten Stellen auf der Haut, aus denen dieses grünliche, gallertartige Zeug troff, die Knochengebilde, die seltsamen Verwachsungen, diese nadelartigen Zähne ... Nun, da er den Kreaturen in einem geschlossenen Raum gegenüberstand, fiel Alex aber noch etwas anderes auf: Ihr Gestank. Es roch süßlich und schwer, wie nach verwesendem Obst. Alex fühlte sich an den Komposthaufen im Garten seines Elternhauses erinnert.

David schrie erschrocken: »Alter, das ist bestimmt nicht Mojo!«

Alex verfluchte sich nun selbst dafür, dass er das Messer wieder weggeräumt hatte. Die beiden Monster befanden sich zwischen ihm und der Küche und machten es ihm somit unmöglich, an den Messerblock zu kommen. Er rief seinem Freund zu: »Das sind diese fliegenden Killer, die mich umbringen sollen. Nimm dich bloß vor den Scherenarmen in Acht!«

Noch ehe David etwas entgegnen konnte, hatte sich eines der Biester schon mit einem gewaltigen Satz vom Boden abgestoßen und schoss auf ihn zu, die beiden Knochenklingen weit von sich gestreckt und zu einem Schlag ausholend, der eindeutig Davids Hals zum Ziel hatte. Alex griff geistesgegenwärtig nach dem graugrünen Ding, während es an ihm vorbeisauste und bekam die Membran eines Flügels zu fassen. Sofort zog er mit aller Gewalt daran. Das rettete David das Leben. Der Körper der albtraumhaften Kreatur wurde nach hinten gerissen und die beiden Klingen zerschnitten die Luft nur Zentimeter von Davids Gesicht entfernt.

David löste sich mit einem Aufschrei aus seiner Starre. Er kam auf die Beine und kletterte hinter seine Couch. »Wir müssen hier raus, Alter!«

Scheiße-scheiße-scheiße-scheiße-scheiße!

»Können wir nicht«, rief Alex, griff auch mit der anderen Hand nach dem Flügel des Monsters und schleuderte es mit einer Drehbewegung wie ein Hammerwerfer quer durch das Zimmer. Der Agent prallte mit der Schnauze zuerst auf Davids großen Plasmafernseher. Es klirrte. Scherben rieselten auf den Wohnzimmerboden.

»Scheiße, verdammt! Mein Fernseher, Mann!« David klang, als habe er soeben ein Familienmitglied verloren.

Wir haben wirklich größere Sorgen als irgendwelche Elektrogeräte, dachte Alex, während Adrenalin durch seine Adern pulste. Er ignorierte Davids Gejammer und rief ihm zu: »Wir müssen hier auf Mojo warten! Wenn wir von hier weglaufen, werden wir ihn niemals wiederfinden können!«

Das Ding, das er auf den Fernseher geschleudert hatte, begann, sich aufzurappeln und seine Flügel zu sortieren. Alex bemerkte nicht ohne eine gewisse Genugtuung, dass viele seiner Zähne abgebrochen waren und dem Wesen das Gesicht zerschnitten hatten. Giftgrüne Flüssigkeit sickerte aus den Wunden.

Wo war eigentlich das zweite Scheusal abgeblieben? Als Alex die markanten Klick-Geräusche hörte, die von irgendwo vor dem Couchtisch kamen, wusste er, was das Vieh gerade tat. Und da war auch schon das Summen, gefolgt von einem blauen Lichtblitz.

»Scheiße, was war das?«, rief David, der hinter Alex herumlief und, den Geräuschen nach zu urteilen, nach irgendetwas suchte.

Er hatte keine Zeit, um zu antworten. Das Vieh vor dem Fernseher war wieder auf den Beinen und fixierte ihn, während es in einem seltsamen Watschelgang, dessen Unbeholfenheit wohl den schwer zu kontrollierenden, riesigen Knochenklingen geschuldet war, auf ihn zukam. Es schien sagen zu wollen: Wir haben noch eine Rechnung offen.

Und dann öffnete es sein zerschnittenes Maul und produzierte damit tatsächlich verständliche Silben: »Alexxxxxx!«

Alex glaubte, das Blut würde in seinen Adern gefrieren.

Die Dinger können sprechen!

»Alexxxxxxx!«, fauchte das kleine Monster erneut und verzog sein Maul zu etwas, das einem höhnisches Grinsen ähnelte.

Alex sah sich hektisch um. Dass er das Wesen eben am Flügel erwischt hatte, war nichts als reines Glück gewesen. Er durfte nicht erwarten, dass er dem Vieh noch einmal so leicht würde schaden können.

Ich brauche etwas, das ich als Waffe benutzen kann!

In diesem Moment erklang ein wildes Kreischen und der hölzerne Couchtisch vor ihm zerbarst in eine Wolke aus Splittern, als die zweite der Kreaturen nach oben schoss, die Schere zum Schlag hoch über den Kopf erhoben. Holzteile, Zigaretten, ein Tütchen Sunshine und Davids sonstige Kiffer-Utensilien wirbelten durch die Luft.

Alex warf sich zur Seite und spürte den Luftzug der gebogenen Waffe, die knapp an ihm vorbeirauschte. Sie drang bis zur Basis in die Rückenlehne von Davids schwarzer Ledercouch ein. Alex rollte sich über die Schulter ab und sprang wieder auf die Beine. Er sah, dass die Knochenklinge des Monsters in der Couch stecken geblieben war. Das Wesen zerrte wild daran, während seine knotigen Muskeln unter der pergamentartigen Haut arbeiteten.

Alex hörte David rufen: »Nicht auch noch meine Couch, du cränkes Scheißvieh!«, dann drosch sein Freund mit etwas auf den Agenten ein, das aussah wie ein Besenstiel. Doch bevor Alex genauer hinsehen konnte, zerschnitt abermals eine knöcherne Klinge die Luft vor ihm, glitt durch die Armlehne der Couch wie ein heißes Messer durch Butter und trennte dadurch ein großes Stück des Sitzmöbels ab, während Lederfetzen und Flocken des Polstermaterials durch den Raum stoben. Wieder war er nur um Zentimeter verfehlt worden. Er machte einen Satz nach hinten und sah das Vieh mit dem zerschnittenen Gesicht vor der Couch sitzen. Die Trägheitskraft hatte es bei seinem Schlag herumgeschleudert und es wandte ihm nun den Rücken zu, während es versuchte, seine Extremitäten wieder unter Kontrolle zu bringen. Schnell trat Alex zu, so fest er konnte. Das Scherenwesen hob ab und flog erneut quer durch den Raum, wo es gegen die schwarze Wand prallte und einige grüne Spritzer darauf hinterließ, ehe es neben dem zerstörten Fernseher zu Boden glitt.

In der Sekunde, die ihm das verschaffte, sah Alex zu David hinüber. Der zweite Agent hatte sich inzwischen in dem Besenstiel verbissen. Das runde Stück Holz passte gerade so in das kleine, grauenerregende Maul. Alex sah, wie die Kiefermuskeln des Biests arbeiteten und hörte ein knirschendes Geräusch, als es den Besenstiel einfach in der Mitte durchbiss! David starrte entgeistert auf die Überreste, die er noch in Händen hielt, während das Vieh triumphierend kreischte und mit einem starken Ruck seine Waffe wieder freibekam.

Die Stereoanlage wechselte zu Feuer frei.

Schön wär’s, wenn ich jetzt eine Pistole hätte, dachte Alex verzweifelt.

David wurde kreidebleich. Er schien ebenfalls zu lauschen. Dann ging ein Ruck durch ihn, er holte aus und stach mit dem zersplitterten Ende des Besenstiels nach dem Kopf des Wesens. Er traf mit voller Wucht. Das Vieh kreischte schrill auf und fiel rückwärts von der Couch. Schnell wandte David sich um und begann, in den Regalen an der rückwärtigen Wand des Wohnzimmers herumzusuchen.

»Was hast du vor?«, rief ihm Alex zu.

David deutete auf den Trümmerhaufen in der Mitte des Raumes, der bis vor Kurzem noch ein Couchtisch gewesen war und sagte gepresst: »Alter, ich brauch‘ das Feuerzeug. Es lag vorhin auf dem Tisch!«

»Wozu ...«

»Alter, gib es mir einfach!«

Alex besah sich den Haufen aus Splittern und Holzresten. Und da war es, rot und durchsichtig, ein billiges Plastikfeuerzeug. Doch noch ehe er dazu kam, es aufzuheben, sah er aus dem Augenwinkel etwas auf sich zukommen.

Er ließ sich zu Boden fallen und entging so erneut nur um Haaresbreite einem tödlichen Schlag. Das Wesen mit dem zerschnittenen Gesicht hatte sich wieder aufgerappelt und auf ihn gestürzt. Es prallte gegen Alex’ Rücken, während dieser sich auf alle Viere fallen ließ. Beinahe augenblicklich schoss ein scharfer Schmerz durch seine rechte Schulter und er fühlte etwas Warmes seinen Rücken hinabrinnen.

Es hat sich in meiner Schulter verbissen, dachte Alex panisch.

Er warf sich nach hinten und begrub so seinen Angreifer unter sich. Ein trockenes Knacken kündete davon, dass er dem Monster den einen oder anderen Knochen gebrochen hatte, woraufhin er spürte, wie sich die Zähne wieder aus seiner Schulter lösten. Er rollte sich herum, taumelte auf die Füße und hastete zu den Überresten des Couchtisches, während er hinter sich schon wieder eine Klinge durch die Luft zischen hörte. Er hob das Feuerzeug auf und wandte sich David zu, der mit einer Spraydose in der Hand das zweite der Scherenwesen fixiert hatte. Es kam auf ihn zugekrochen, zornig wie ein wild gewordener Teufel. Eines seiner Haifischaugen war zerstochen. Die leere Membranhülle hing aus der mit schwarzem Schleim verschmierten Augenhöhle und baumelte bei jedem humpelnden Schritt gegen das entstellte Gesicht.

Alex rief: »David! Fang!«

Er warf ihm das Feuerzeug zu. David ließ das Scherenwesen gerade lange genug aus den Augen, um den roten Gegenstand aufzufangen, dann hielt er ihn vor der Spraydose in die Höhe.

Endlich begriff Alex, was David vorhatte. Die Flamme des Feuerzeugs loderte auf. »Alter ... das ist für meine Couch, du Mistvieh!« David drückte auf den Sprühknopf der Dose. Beinahe augenblicklich leckte eine Feuerzunge durch den Raum, tauchte die düstere Wohnung in helles Licht und erfasste die mit ihrem verbliebenen Auge ungläubig glotzende Kreatur. Sie kreischte gepeinigt auf und warf sich herum, während sie versuchte, den Flammen zu entkommen. David hielt den Knopf unerbittlich gedrückt, ging auf das Monster zu und verdeckte es so vor Alex‘ Blicken.

Alex wandte sich um und rannte in Richtung Flur – endlich war dieser Weg frei! So schnell er konnte, hastete er in die Küche und riss das größte der Messer aus dem Block. Er wandte sich um ... und duckte sich gerade noch rechtzeitig vor dem Agenten, der sich mit einem großen Flügelschlag von der Küchentür aus auf ihn zu katapultierte. Das Monster verfehlte ihn und landete taumelnd auf der Arbeitsfläche. Alex nutzte seine Chance, sprang auf und stach zu, noch ehe das Vieh sich wieder umdrehen konnte. Zu spät, es schien den Angriff gespürt zu haben, wich seitlich aus – Alex’ mit aller Kraft geführter, nahezu senkrechter Stich drang durch den linken Flügel des Scheusals und nagelte es an der Arbeitsfläche fest.

Er ließ das Messer los und wich zurück, als das Wesen herumwirbelte und mit einer halben Schere nach ihm schlug. Es riss wie wild an seinem Flügel, stellte fest, dass es diesen so schnell nicht freibekommen würde, krümmte sich, bis sein Maul in Reichweite der Flügelbasis kam und begann, diese durchzunagen.

Großer Gott!

Alex musste schnell etwas tun, musste sich ein zweites Messer besorgen, bevor das Monster sich befreit hatte. Er ...

Plötzlich war David neben ihm, Feuerzeug und die Spraydose in einer Linie auf das Wesen richtend. Emotionslos sagte er: »Feuer frei.« Das Zischen der Spraydose traf die Flamme aus dem Feuerzeug, die heiße gelbe Flut ergoss sich über die missgestaltete Kreatur auf der Arbeitsfläche und wurde eins mit deren Schreien. Die Pusteln auf ihrer Haut schwollen an, platzten auf, das zähe Sekret gerann sofort in der Hitze und bildete grünliche Flocken. Die graugrüne Haut färbte sich schwarz, als das Wesen immer stärker zu brennen begann. Es kreischte wie wild und warf sich in Agonie von einer Seite auf die andere. Funken und lodernde Fetzen wurden von dem freien, zuckenden Flügel durch den Raum geschleudert. Dann wurden die Bewegungen langsam schwächer und das Scherenwesen sank auf die Knie, seine Klingen nutzlos unter sich zusammengefaltet. Grünlich schimmernde Flammen und fettiger schwarzer Qualm umhüllten es wie eine Korona. Es warf Alex einen letzten, hasserfüllten Blick zu, das zerschnittene Maul weit aufgerissen. Das schwarze Fleisch in seinem Gesicht teilte sich und eröffnete den Blick auf falsch proportionierte, bucklige Knochen darunter. Mit seinem letzten Atemzug zischte es: »Aaaalexxxxx ...«

Dann platzten seine Augen und spien schwarze, dampfende Flüssigkeit über die Arbeitsfläche. Der Agent sank in sich zusammen. David hielt die Flamme weiterhin unerbittlich auf das Vieh gerichtet, brannte es nieder, bis nichts mehr zuckte und nicht viel mehr davon übrig war als ein schwarzer, formloser Klumpen.

Der Gestank war ekelerregend. Alex kämpfte gegen den Würgereiz an, war aber noch geistesgegenwärtig genug, um den Wasserhahn der Spüle aufzudrehen. Mit den Händen schaufelte er Wasser auf die brennende Arbeitsfläche, bis die Flammen erloschen.

Er sah David an. »Der andere ...?«

David nickte nur stumm.

Alex griff nach dem Saum seines T-Shirts, zog sich den Stoff vor Mund und Nase, ergriff David beim Arm und zog ihn aus der Küche.

Im Wohnzimmer war der Gestank beinahe genauso schlimm. Geschmolzenes Plastik, verschmortes Fleisch ... und über allem lag noch immer der süßliche Verwesungsgeruch. Neben der Couch gemahnte ein verschmorter schwarzer Klumpen an das, was hier geschehen war. Widerwärtig stinkende Qualmfahnen stiegen aus dem nicht mehr brennenden Körper auf.

Alex nahm David die Spraydose aus der Hand. »Was ist das für ein krankes Teufelszeug?«

Das Etikett wies es als »Weedex« aus, ein Lufterfrischerspray aus dem Hause »Smoker’s Best«.

»Weedex? Ist da Alkohol drin oder warum brennt das so gut?«

David drehte langsam den Kopf in seine Richtung. Seine Augen glotzten leer durch ihn hindurch. »Is‘ verdammt starkes Zeug, Mann.«

Während Alex noch immer völlig perplex die Spraydose anstarrte und langsam den pulsierenden Schmerz in seiner Schulter zu bemerken begann, wechselte die Stereoanlage zu Keine Lust, und es erschien in der Mitte des Raums zwischen ihnen und der Tür zum Flur schon wieder ein schwarzer Kreis. Und dieser durchmaß mindestens einen Meter!

Alex’ kraftlose Finger ließen die Dose fallen. »Oh nein.«

David stammelte: »Alter, mir ist egal, was mit Mojo ist. Wir müssen hier raus!«

Alex nickte. Er war ganz Davids Meinung, hatte sich bereits in Richtung Flur gewandt und begonnen, um den Durchgang herumzugehen. Aber es war zu spät. Schon war die Kreatur hindurchgekommen. Sie sprang zwischen die Überreste des Couchtisches, sah sich hektisch nach allen Seiten um und rief dann: »Bei den Teilern, was ist denn hier geschehen?«

Es war Mojo.

Alex atmete erleichtert auf. »Mojo ... endlich.«

»Alex, du blutest ja. Dein Körper ist überall zerschrammt. Was ...«

»Das waren diese Fliege-Viecher, Alter«, sagte David. »Sind einfach hier aufgetaucht, durch so ‘nen krassen Durchgang wie den da.« Er deutete auf den Kreis aus Schwärze, der noch immer im Zimmer schwebte.

Mojo schnappte nach Luft. »Agenten? Wo halten sie sich auf?«

»Hab sie gegrillt, Alter.«

»Gegrillt? Sie meinen, Sie haben sie getötet? Wie ...« Mojo schüttelte schnell den Kopf. »Wir werden noch viel Zeit zum Reden haben. Später. Nun müsst ihr erst einmal mit mir kommen.«

»Mit dir kommen?«, fragte Alex überrascht. »Wie meinst du das? In ... in deine Welt?«

Mojo nickte. »Daher die Größe des Durchgangs. Ich wusste aufgrund all der Polizisten in deiner Wohnung, dass du in dieser Welt in großen Schwierigkeiten bist. Daher habe ich alles Nötige veranlasst, um dich auf meine Seite zu holen. Und wie ich nun feststellen muss, war das genau die richtige Entscheidung.«

»Ich dachte eben schon, hier würde gleich Gott-weiß-was erscheinen«, maulte Alex. »Aber was soll ich in deiner Welt? Was erwartet mich dort?«

Mojo hob eines seiner blauen Händchen. »Später. Kommt jetzt mit mir.«

Alex begehrte auf: »Verdammt, Mojo! Ich habe aber so viele Fragen!«

Die kleine Kreatur verschränkte entschlossen die Ärmchen vor der Brust. »Alex, ich gelobe hiermit, dass wir uns in Bälde ausführlich unterhalten werden. Ich werde sämtliche deiner Fragen beantworten. Aber du wirst doch wohl einsehen, dass wir erst einmal schleunigst von hier fort müssen. Und zwar alle drei.«

»Wie, Mann, alle drei?!«, rief David empört. »Also ich gehe bestimmt nicht mit dir durch dieses cränke, schwarze Dingsda. No, Sir!« Er verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust und schüttelte den Kopf. »Oder um es mit Rammstein zu sagen: Ich hab keine Lust, Alter!«

»An Ihrer Stelle würde ich diesen Standpunkt überdenken«, sagte Mojo. »Sie sind hier nicht mehr sicher, genau wie Alex. Die Agenten werden nicht ruhen, bis sie Sie zur Strecke gebracht haben. Die Polizei fahndet nach Alex und somit auch nach Ihnen. Und wenn ich mir diese Wohnung so anschaue, wurde hier vorhin jede Menge Lärm gemacht, der mit Sicherheit neugierige Menschen anlocken wird. Abgesehen davon werden Sie ja wohl nicht hierbleiben wollen – bei dem Gestank!« Er rümpfte das kleine Näschen.

David dachte nach. Seine Kiefer mahlten, während seine blauen Augen hin und her zuckten. Schließlich grummelte er: »Okay. Aber du sagst in Zukunft gefälligst du zu mir, Alter. Und ich nehme Sunshine mit!« Er begann, in den Trümmern des Couchtisches herumzusuchen, bis er alle seine Kiffer-Utensilien beisammen hatte. Er steckte alles ein und schritt dann auf den schwarzen Kreis zu.

»Sanschain?«, fragte Mojo. »Was ist das?«

David grinste. »Später, Alter. Wie du schon sagtest: Wir haben‘s eilig, Mann.« Dann duckte er sich, holte Schwung und hechtete lang gestreckt in den Durchgang hinein.

Alex’ Mund stand offen. David, du bist und bleibst einfach unberechenbar.

Mojo wandte sich nun an ihn: »Er weiß nicht, dass er keinerlei Gegenstände mit auf die andere Seite nehmen kann, nicht wahr?«

Alex schüttelte den Kopf. Dann wurde ihm etwas klar. »Wird er ... werden wir ... nackt sein?«

Mojo nickte.

»Na super.«

In eine komplett fremde Welt. Ohne Vorbereitung. Ohne Hilfsmittel. Ohne Kleidung.

Alex stellte fest, dass man langsam emotionslos wurde, wenn man ständig mit unbegreiflichen Dingen konfrontiert wurde. Die Nüchternheit seiner Gedanken verblüffte ihn selbst.

Was mochte noch alles geschehen? Welche Schrecken würden ihn als Nächstes erwarten? Mojo hatte es auf den Punkt gebracht: Er war hier nirgends mehr sicher. Es gab nur eine Möglichkeit.

Alex machte sich sprungbereit.